Raumstationen
künstliche Habitate im All
Schon lange sahen Visionäre die Notwendigkeit, das Leben im All zu erproben. Langfristig werden wir wohl längere Reisen durch den Kosmos unternehmen, ob zum Mond oder Mars oder später sogar über die Grenzen unseres Sonnensystems hinaus. Der Aufenthalt im Weltall wird Teil der menschlichen Zukunft sein. Doch wir sind nicht für ein Überleben dort draußen geschaffen. Es fehlt an Luft, Wasser und Nahrung, die Strahlung ist hochgradig zellschädigend, und Mikrometeoriten sind eine reale Gefahr. Dennoch wollten wir nach den ersten bemannten Raumflügen der 1960er Jahre Astronauten auch für längere Zeit in den Weltraum schicken.
Man nehme also Luft zum Atmen, ausreichend Trinkwasser und getrocknete oder auf anderem Weg konservierte Nahrung und Treibstoff, umhülle alles mit einigen Millimetern Aluminiumblech und einer Isolierung gegen die Kälte des Alls und transportiere dieses Gebilde mit einer Rakete auf einen Orbit um die Erde. Fertig ist das Habitat im All.
Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Raumstationen zählen zu den teuersten Raumfahrtprojekten überhaupt. Sie sind so aufwändig, dass sich zur Zeit 14 Nationen mit ihren Raumfahrtagenturen an der Internationalen Raumstation (ISS) beteiligen. Die ersten Stationen waren einzelne Raumschiffe, für eine Besatzung von zwei bis drei Raumfahrern ausgelegt, während sich auf der ISS, die inzwischen aus einer Vielzahl von Modulen besteht, bis zu sechs Astronauten gleichzeitig aufhalten können.
Nachdem die Amerikaner viel Arbeit und Energie in das Apollo-Programm investiert und so den Wettlauf zum Mond gewonnen hatten, konzentrierten sich die Sowjets ab Mitte der 1960er Jahre wieder mehr auf die bemannte Raumfahrt im Erdorbit. Mit Saljut 1 (1971) bis Saljut 7 (1982 bis 1986) sammelten sie enorm wichtige Erfahrungen über Langzeitaufenthalte und den Bau komplexer Strukturen im All. Die erste und bisher einzige US-amerikanische Raumstation war Skylab von 1973 bis 1979.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus Skylab war die Notwendigkeit, eine Raumstation mit Treibstoff auf einfache Weise wiederbefüllen zu können. Auch in einer Höhe von 300 bis 400 Kilometern wird das Raumfahrzeug durch die zwar sehr dünne, aber immer noch existierende Erdatmosphäre so stark gebremst, dass die Umlaufbahn in gewissen zeitlichen Abständen angehoben werden muss um einen Absturz zu verhindern.
Ein weiterer, essentieller Bestandteil einer Raumstation sind die Andockstellen. Nur so kann mit Versorgungsschiffen wichtiger Nachschub an Nahrung und Material geliefert, aber auch Abfall entsorgt werden. Raumtransporter docken an Schleusen an und ermöglichen so den Austausch der Besatzungen, und auch die für den schrittweisen Ausbau einer Station erforderlichen Module und Verbundungsknoten müssen miteinander verbunden werden.
Die erste, wirklich große Station war die Mir. Von der UdSSR 1986 gestartet, blieb sie 15 Jahre lang im All. Nach einer rein sowjetischen Nutzung in den ersten zwei Jahren, ermöglichten die Sowjets auch Raumfahrern anderer Nationen Besuche auf der Mir, darunter Syrien, Afghanistan, Frankreich und Deutschland. Auf der Station wurden zahlreiche Rekorde aufgestellt, darunter der noch heute geltende für den längsten Aufenthalt im Weltraum von Waleri Poljakow mit 437 Tagen.
Nach beinahe 20 Jahren Planung war es dann soweit. Sarja - das erste ISS-Modul aus russischer Produktion wurde Ende 1998 gestartet und legte den Grundstein für das größte aller bisherigen Raumfahrtprojekte. Seit dem ist viel passiert.
Die ISS wurde kontinuierlich ausgebaut und verfügt heute über mehrere Labor-, Wohn- und Servicemodule, Verbindungsknoten, Luftschleusen für Außenbordeinsätze, Solarmodule mit insgesamt 4500 m² Fläche, einen Roboterarm und mehrere Kräne sowie die berühmte Aussichtskuppel Cupola. Weiterhin existieren etliche Plattformen an den äußeren Strukturen der Station für Experimente bei Mikrogravitation im luftleeren Raum.
Für den Betrieb und die Versorgung großer Habitate im All ist internationale Kooperation nötig. Russland (Roskosmos), die USA (NASA), Japan (JAXA) und die EU (ESA) sind die Hauptbetreiber der ISS. Inzwischen hat die Nationale Weltraumbehörde Chinas (CNSA) ebenfalls eigene Raumstationen gestartet - Tiangong 1 war die erste, und weitere werden folgen. Auch private Raumfahrtunternehmen steigen zunehmend in diese gewaltigen Projekte mit ein.
Eines Tages wird die ISS durch einen Nachfolger abgelöst werden müssen, und in noch fernerer Zukunft werden Menschen große Raumstationen im Orbit um andere Himmelskörper, auf oder sogar unter ihrer Oberfläche errichten. Vielleicht wird es sogar eines Tages die schon 1976 vorgestellten O’Neill-Kolonien geben. Doch bis dahin ist es noch ein weiter und vor allem teurer Weg, den die Menschheit nur gemeinsam gehen kann.
Wussten Sie schon?
- Die sowjetischen Saljut-Raumstationen dienten auch der militärischen Aufklärung und gingen aus dem Almaz-Programm hervor.
- Der Start von Skylab war gleichzeitig auch der letzte Start einer Saturn V Rakete - in diesem Fall mit nur zwei Stufen.
- Alexander Wolkow und Sergei Krikaljow betraten 1991 als Sowjetbürger die Mir und kehrten 1992 als russische Bürger zurück.
- Der russische Kosmonaut Sergei Wassiljewitsch Awdejew feierte drei seiner Geburtstage im Weltraum - alle auf der Station Mir.
- Der humanoide Roboter Robonaut 2 startete im Februar 2011 mit STS-133 (Discovery) zur Internationalen Raumstation ISS.
Zeit im All: 175 d
19.04.1971 - 11.10.1971
Volumen (unter Druck): 100 m³
Masse: 18,4 t
Zeit im All: 13 d
03.04.1973 - 16.04.1973
Masse: 18,5 t
Zeit im All: 11 d
11.05.1973 - 22.05.1973
Masse: 19,4 t
Zeit im All: 6 a 58 d
14.05.1973 - 11.07.1979
Volumen (unter Druck): 360 m³
Masse: 77 t
Zeit im All: 244 d
25.05.1974 - 24.01.1975
Volumen (unter Druck): 90 m³
Masse: 18,9 t
Zeit im All: 2 a 39 d
26.12.1974 - 03.02.1977
Volumen (unter Druck): 90 m³
Masse: 18,9 t
Zeit im All: 1 a 47 d
22.06.1976 - 08.08.1977
Volumen (unter Druck): 100 m³
Masse: 19 t
Zeit im All: 4 a 303 d
29.09.1977 - 29.07.1982
Volumen (unter Druck): 90 m³
Masse: 9 t
Zeit im All: 8 a 294 d
19.04.1982 - 07.02.1991
Volumen (unter Druck): 90 m³
Masse: 19 t
Zeit im All: 15 a 32 d
19.02.1986 - 23.03.2001
Volumen (unter Druck): 350 m³
Masse: 129,7 t
Zeit im All: 19 a 133 d (Stand: 02.04.2018)
Start: 20.11.1998 - im Orbit
Volumen (unter Druck): 907 m³
Masse: 417,3 t
Zeit im All: 11 a 264 d (Stand: 02.04.2018)
Start: 12.07.2006 - im Orbit
Volumen (unter Druck): 11,5 m³
Masse: 1,360 t
Zeit im All: 10 a 279 d (Stand: 02.04.2018)
Start: 28.06.2007 - im Orbit
Volumen (unter Druck): 11,5 m³
Masse: 1,360 t
Bild: CraigboyCC SA 3.0Zeit im All: 6 a 186 d
29.09.2011 - 02.04.2018
Volumen (unter Druck): 15 m³
Masse: 8,506 t
Zeit im All: 1 a 199 d (Stand: 02.04.2018)
Start: 15.09.2016 - im Orbit
Start: 2019 - geplant
Start: 2020 - geplant
Start: 2025 - geplant
Start: - geplant
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